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Leseprobe: Nachtschwarze Dunkelheit – Prometheus

Ende Januar ist der erste Band meiner Fantasy-Trilogie „Im Schatten des Pantheons“ unter dem Titel „Nachtschwarze Dunkelheit“ erschienen. Hier findest du eine Leseprobe. Für mehr Infos zum Buch, folge mir auf Instagram: @sarah_lammerding_autorin

Eine Liste aller bisherigen Veröffentlichungen findest du HIER. Direkt zum eBook geht’s HIER.

Und darum geht es in „NACHTSCHWARZE DUNKELHEIT“:

Isi hasst alles, wofür Zeus und die Götter stehen. Sie will das Pantheonsgebäude niederbrennen, um die unsterbliche Regierung zu entmachten. Oder zumindest wollte sie das mal. Denn seit dem tödlichen Unfall ihrer Eltern ist nichts mehr, wie es war. Nicht einmal dem wichtigsten Menschen in Isis Leben, ihrem Bruder, gelingt es, die Mauer zu seiner Schwester zu überwinden.

Kein Wunder – Isi hat die Schattenkrankheit. In ihren Wahnvorstellungen drängt ein Schattenwesen sie mit seinen düsteren Gedanken immer näher an den Abgrund. Ausgerechnet jetzt zieht Isi auch noch die Aufmerksamkeit eines Unsterblichen im Dienste der Regierung auf sich – Eliah. Und zu ihrer Überraschung sieht er den Schatten auch.


Nachtschwarze Dunkelheit – Kapitel 7

Tipp: Alle Leseproben findest du HIER.

Isi beeilte sich, den Eimer mit dem schmutzigen Wasser durch die Gänge zu schieben und wenigstens so zu tun, als wischte sie die Wege durch die Galerie.

»Die Blauen sind die Schlimmsten von allen«, redete der Schatten auf sie ein. Er flatterte aufgeregt um sie herum. »Sie haben was zu verbergen.«

Als sie die Eingangshalle passierten, griff der Schatten nach ihrem Arm und zerrte sie in Richtung Ausgang. Seine Berüh­rung schien ihr alle Kraft zu rauben. Die Welt verdunkelte sich. Gut möglich, dass der Schatten recht hatte. Weshalb wusste niemand, was genau die Blauen taten?

Isi war dem Schatten bereits ein paar Schritte hinterher­gestolpert, als ihr mit klopfendem Herzen einfiel, dass er noch nie irgendetwas zu ihren Gunsten getan hatte. Und sie würde sicher nicht ihren Job riskieren, weil dem Schatten die Nerven flatterten.

Jenny starrte sie über den Tresen hinweg an. Rasch bückte sich Isi nach einem imaginären Fussel als Ablenkung für ihr seltsames Verhalten. Als sie sich aufrichtete, lächelte sie in Jennys Richtung, aber die hatte ihre Nase wieder in ihr Magazin gesteckt.

Auf dem Weg zurück zum Putzmittelschrank redete der Schatten unaufhörlich auf Isi ein. »Der Typ bringt dich in Schwierigkeiten. Hast du gesehen, wie gründlich er deine Akte gelesen hat? Wenn du nicht schnell verschwindest, findet er einen Grund, dich zu verhaften.«

Isi kaute auf ihrer Unterlippe herum und versuchte, über das Geschnatter hinweg ihre eigenen Gedanken zu hören. Sie passierte Mattis Büro. Der Raum war noch vollgestopfter als der Rest der Galerie. Bücherregale reichten bis unter die Decke. Überall stapelten sich Papiere. Dazwischen lagen scheinbar wahllos verteilt irgendwelche Raritäten, die es nicht in die Ausstellung geschafft hatten. Außer Matti selbst, fand sich hier niemand zurecht. Und seitdem es mit seinem Augenlicht berg­ab ging, tat selbst er das immer seltener.

»Luise?«

Sie hatte gehofft, er würde sie nicht bemerken. Wenn er auch sonst nicht viel sah, wusste er doch stets, welchen Menschen er vor sich hatte.

»Du bist genau die Person, die ich suche.« Er lächelte spitzbübig, als plane er einen gewagten Streich. »Jenny ist nicht in der Nähe, oder? Ich brauche dringend jemanden, der sich den Sinn für Kunst nicht kaputt studiert hat.«

Isi bezweifelte, dass das ein Kompliment war. Aber Matti winkte sie aufgeregt näher und was sollte sie schon sagen, wo er doch ihr Chef war?

In der Mitte des Raumes stand ein großer Schreibtisch aus dunklem Holz. Darauf ruhte ein Pappkarton. Styroporkugeln kullerten über den Rand, als Matti die Hände darin vergrub. Isi unterdrückte ein Augenrollen bei dem Gedanken, dass sie hier also gleich würde staubsaugen müssen. Offenbar war Mattis neuester Schatz zerbrechlich.

Isi war schleierhaft, wie ihr Chef seine Sammelleidenschaft finanzierte. Offiziell handelte die Galerie mit Kunst­gegen­ständen. Er hatte tatsächlich regelmäßig Termine mit irgend­welchen Sammlern. Geschäftsleute und Ehepaare, die von wo auch immer anreisten, um mit Matti über Kunst zu fach­simpeln. Aber Isi schien es, als würden ständig Sachen kommen und selten welche gehen.

Wenn Isi Mattis Augen so leuchten sah, verspürte sie den Drang, ihm ihr letztes Taschen­geld zu opfern, damit er die Galerie am Laufen halten konnte. Schade, dass es nur wenige Besucher gab, die das auch so sahen.

»Du kannst ihn ja in deinem Testament bedenken.« Der Schatten sagte das nicht, weil er Matti mochte, sondern weil er damit bei Isi einen Nerv traf. Das bisschen, was sie besaß, hatte größtenteils Benny finanziert.

Der Pappkarton kippte und Isi fing ihn gerade rechtzeitig auf, um eine Styropor-Lawine zu verhindern. Eine viereckige Schatulle kam zwischen dem Verpackungsmaterial zum Vor­schein. Matti stellte sie ab und richtete die Schreibtisch­lampe darauf aus.

Auf den ersten Blick war das Kästchen unscheinbar. Schwarze Linien auf grauem Stein ergaben ein primitives Bild, auf dem wenige rote Flecken Akzente setzten. Ein Mann lehnte sich scheinbar kraftlos gegen einen Felsen. Blut lief ihm über die Brust und sammelte sich in einer Lache auf dem Boden. Der Grund dafür war der riesige Vogel, der auf seinem Schoß saß und den Schnabel in seine Seite bohrte.

»Das ist … ähm …?« Isi fiel kein passendes Wort ein. Hübsch war es nicht. Und wenn sie interessant sagte, würde ein zwei­stündiger Vortrag folgen.

»Prometheus, genau«, erklärte Matti, der offenbar an­ge­nommen hatte, Isi suchte nach dem Namen des abgebildeten Mannes. »Ist er doch, oder?«

Woher sollte Isi das wissen?

»Peinlich für jemanden, der Pantheologie studiert hat«, warf der Schatten ein. »Wenigstens zur Hälfte.«

Dann kam Isi auf den Gedanken, dass Matti fragte, weil er selbst nur vage Schemen erkannte. Deshalb beschrieb sie ihm die Szene auf dem Kästchen.

Matti ließ sich zufrieden auf seinen Schreibtischstuhl fallen. »Kennst du die Geschichte von Prometheus? Er ist einer der Titanen. Aber die Schatulle ist nicht typisch griechisch. Das ist ein Rätsel, das ich noch lösen muss.«

Isi kannte Prometheus nicht. Sie kannte keine Unsterblichen persönlich. Und wenn sie etwas über sie wissen wollte, lieh sie sich Jennys Klatschblättchen. Über die mythologischen Geschichten wusste Isi allerdings Bescheid.

Aber Matti war sowieso nicht zu bremsen, sodass Isi es sich auf einem der Besucherstühle bequem machte, als er zu erzählen begann.

»Wo fange ich an? Ich sollte erwähnen, dass Prometheus den Menschen sehr nahestand. Es ärgerte ihn, dass sie den Göttern stets das beste Fleisch überlassen sollten und selbst nur die Reste behalten durften.

Damals hat man das mit den Opfer­gaben noch gemacht. Heute zahlen wir natürlich Steuern. Also ersann Prometheus eine List. Aus allen Opfergaben schichtete er zwei Haufen. Einen großen und einen kleinen. Dann ließ er Zeus wählen.«

Matti verschränkte die Arme vor der Brust. Mit den Fingern der rechten Hand spielte er nachlässig mit den Falten seines Hemdes.

»Natürlich wählte Zeus in seiner Gier die größere Gabe. Doch das hatte Prometheus erwartet. Deshalb hatte er in dem großen Haufen all die Knochen und ungenießbaren Teile ver­steckt. Die besten Stücke aber waren im kleineren verborgen.«

Isi sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Vielleicht konnte sie anbieten, den Karton und das Styropor zu entsorgen. Die Geschichte von Prometheus war nicht neu für sie. Aber welche Bedeutung hatten die uralten Mythen schon für die Gegenwart?

Matti schien von ihrer Unruhe nichts zu bemerken. »Die Menschen hatten also das gute Fleisch für sich und die Götter nur die Reste«, fuhr er fort. »Deshalb wollte Zeus sie be­strafen. Ab sofort war es den Menschen verboten, Feuer zu machen. So konnten sie ihr Fleisch nicht garen und Prometheus hatte die Götter umsonst ausgetrickst.«

»Aber Prometheus hat den Menschen das Feuer gebracht«, warf Isi ein, um die Erzählung zu beschleunigen, bevor Matti zu weit abdriftete.

»Ja, genau. Er stahl etwas von der Himmelsglut und brachte es auf die Erde.«

Isi stieß sich vom Tisch ab. Wenn sie jetzt die Kurve kratzte, konnte sie einen längeren Vortrag womöglich noch verhindern. »Toller Typ.«

Matti beugte sich dichter über die Schatulle auf dem Schreib­tisch. Er zwinkerte, als versuche er, allem Wissen zum Trotz, seinen Blick scharf zu stellen. »Irgendein Ausschuss des Pantheons verhandelt noch immer seine Freilassung, glaube ich.«

»Freilassung?«, echote Isi, bevor sie sich auf die Zunge beißen konnte.

»Oja, du weißt doch … Zeus, der Göttervater … Er ist nicht gerade bekannt für seine Nachsicht.«

Das wusste Isi. Als sich die Unsterblichen an die Öffent­lichkeit gewagt hatten, war das ein Paukenschlag gewesen. Es hatte zahlreiche Anschläge gebraucht, bis auch die letzten Idioten begriffen hatten, dass sie das mit der Unsterblichkeit ernst meinten.

Zeus war einer der erbittertsten Kämpfer für die Erneuerung der göttlichen Herrschaft, wie er es nannte, gewesen. Zu­mindest hatte Isi es so in der Schule gelernt. Wahrscheinlich war er es aus dem antiken Griechenland gewohnt, dass alles nach seiner Pfeife tanzte. Die Opposition führte eine Liste mit Menschen, die im Kampf gegen die Herrschaft der Un­sterblichen gestorben waren. Niemand sollte vergessen werden.

Isi konnte sich an so viele Dinge aus ihrem Studium erinnern. Hauptsächlich Halbwissen und Themen, die sie gern vertieft hätte. Aber wofür war das gut ohne einen Abschluss?

»Zeus bestrafte die Menschen, weil sie zu selbst­ständig wurden und Prometheus am Herzen lagen«, sagte Matti. »Und für Prometheus selbst dachte er sich eine ganz besondere Strafe aus. Er kettete ihn an eine Säule und ließ jeden Tag einen Adler kommen, der seine Leber fressen sollte.«

Isi verzog das Gesicht. Ausgerechnet diese Szene malte jemand auf ein Schmuckkästchen.

»Beide, Prometheus und der Adler, waren unsterblich. Also heilte die Leber über Nacht und am nächsten Tag begann die Strafe von Neuem. Irgendwann kam Herakles und tötete den Adler mit Zeus’ Erlaubnis. Prometheus ist jedoch noch immer an jene Stelle gekettet.«

Isi fand das Kästchen so potthässlich, dass sie es nicht mal für einen Fünfer auf dem Flohmarkt gekauft hätte. Aber von Kunst hatte sie ja keine Ahnung. Matti hingegen bestand darauf, sofort einen Platz in der Ausstellung zu finden.


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