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Leseprobe: Nachtschwarze Dunkelheit – Kapitel 1

Ende Januar erscheint der erste Band meiner Fantasy-Trilogie „Im Schatten des Pantheons“ unter dem Titel „Nachtschwarze Dunkelheit“. Hier findest du als Leseprobe das erste Kapitel. Für mehr Infos zum Buch, folge mir auf Instagram: @sarah_lammerding_autorin

Eine Liste aller bisherigen Veröffentlichungen findest du HIER.

Und darum geht es in „NACHTSCHWARZE DUNKELHEIT“:

Isi hasst alles, wofür Zeus und die Götter stehen. Sie will das Pantheonsgebäude niederbrennen, um die unsterbliche Regierung zu entmachten. Oder zumindest wollte sie das mal. Denn seit dem tödlichen Unfall ihrer Eltern ist nichts mehr, wie es war. Nicht einmal dem wichtigsten Menschen in Isis Leben, ihrem Bruder, gelingt es, die Mauer zu seiner Schwester zu überwinden.

Kein Wunder – Isi hat die Schattenkrankheit. In ihren Wahnvorstellungen drängt ein Schattenwesen sie mit seinen düsteren Gedanken immer näher an den Abgrund. Ausgerechnet jetzt zieht Isi auch noch die Aufmerksamkeit eines Unsterblichen im Dienste der Regierung auf sich – Eliah. Und zu ihrer Überraschung sieht er den Schatten auch.


Nachtschwarze Dunkelheit – Kapitel 1

Tipp: Alle Leseproben findest du HIER.

Isis Schatten war kein gern gesehener Besucher. Aber weil sie ihn nicht loswurde, begleitete er sie zum Abendessen bei ihrem Bruder. Sie feierten heute den Tag des Pantheons. Oder wie Isi ihn nannte: den Tag der un­sterblichen Unterdrücker.

Die Straßen waren mit bunten Wimpeln geschmückt und der lorbeerbekränzte Stier starrte missbilligend von hunderten Flaggen auf die Passanten hinab. In den Kneipen und Bars der Innenstadt feierten sie mit Alkohol und Livemusik. Unterwegs hatte Isi mindestens einem Dutzend Konfettikanonen aus­weichen müssen.

Vor ein paar Jahren hätte sie die Energie gehabt, sich über die bunten Schnipsel aufzuregen, die sie wochenlang in den Falten ihres Mantels finden würde. Aber mit einem Schatten war das Leben nun deutlich anstrengender.

»Pass bloß auf. Spaß klebt an dir wie Magneten auf einem Reißbrett«, zischte er ihr ins Ohr und lachte hämisch.

Isi erreichte das Reihenhaus, in dem ihr Bruder mit seiner Familie lebte. Sie war froh, dass Benny und Caro es ruhiger an­gingen. Caro hatte sich Akten mitgebracht, die sie bei einem Glas Rotwein auf dem Sofa studierte. Sie arbeitete für eine Charity-Organisation, die Genproben aller Unsterblichen sam­melte. Hätte Isis Schatten seine Krallen nicht so eng an ihren Hals geschmiegt, sie hätte Caro sicher eine Menge Löcher in den Bauch gefragt.

Oder sie hätte sich zusammen mit Benny vor den Fernseher gehockt und ihrem Neffen Maxi die Bilder erklärt, die er dort mit großen Augen verfolgte.

»Guck, das ist Hermes, der Götterbote.« Benny deutete auf einen jung aussehenden Mann mit weißem Hut. Dann schnellte sein Finger zu einem grimmig dreinblickenden An­zug­­träger mit gegeelten Haaren. »Und das ist Zeus.«

Das Arschloch, fügte Isi in Gedanken hinzu, was der Schat­ten mit einem ungehaltenen Zischen quittierte. Sie hatte schnell gemerkt, dass der Schatten und sie sich in wesentlichen Punkten uneinig waren.

Sie konnte sich nicht erinnern, wann genau er sich an sie ge­hängt hatte. Irgendwann nach dem Autounfall ihrer Eltern und vor den Abschlussprüfungen in der Uni, die sie nicht mehr angetreten hatte.

Wenn Isi früher von der Schattenkrankheit gehört hatte, hatte sie es als Unsinn abgetan. Es war allgemein bekannt, dass die Betroffenen Wahnvorstellungen bekamen. Dass sie sich zurück­zogen und verrückt wurden oder allen Lebens­willen ver­loren. Aber so was passierte immer nur anderen.

Der Schatten streunte zum Fernseher und musterte die ver­nachlässigte Zimmerpflanze daneben. Er hatte eine hohe Stirn und sein gräuliches Gesicht war das einzig halbwegs Helle an ihm. Anstelle von Nase und Mund besaß er einen spitzen Schnabel, mit dem er Isi an einen Raben erinnerte. Neben den schwarzen Federn, die sich über seinen Rücken und die Arme bis hin zu den spitzen Klauen zogen. Ein toter Rabe allerdings, denn Augen fehlten in seinen Höhlen.

Und beim Tartaros, dafür, dass es eine Wahnvorstellung war, fühlt es sich verdammt echt an, wie der Schatten manch­mal die Krallen in Isis Schultern bohrte oder mit dem Schnabel ihr Ohr streifte.

»Zeus ist der oberste Herrscher über Götter und Men­schen«, erklärte Benny an Maxi gerichtet, der unruhig auf dem Boden hin und her rutschte. »Wenn er sauer wird, schleu­dert er mit Blitzen um sich.«

Maxi kräuselte die Stirn und sah zwischen seinem Vater und dem Fernsehbild hin und her.

»Kein Spaß«, fuhr Benny fort. »Weißt du noch, als wir neulich nachts die Blitze angeschaut haben? Das war Zeus.«

Isi verdrehte die Augen. »Das war ein Gewitter. Natur­gesetze. Die Unsterblichen sind keine Götter. Sie halten sich bloß für welche.« Nicht mal richtig unsterblich waren sie. Nur verdammt schwer zu töten.

Im Unterricht musste sich Benny an die offiziellen Regeln halten, wenn er seinen Job als Lehrer nicht verlieren wollte. Das sah Isi ein. Zu Hause hätte sie von ihm allerdings ein wenig mehr Vernunft erwartet. Doch Benny warf ihr bloß einen flüchtigen Blick zu und zuckte mit den Schultern.

»Deine Meinung interessiert eh keinen«, kommentierte der Schatten. Zu schade, dass niemand anders ihn hörte und seine Worte entkräftete, bevor Isi sie glaubte.

Als es an der Tür klingelte, sprangen Maxi und Benny auf. »Pizza!«, brüllte Maxi.

Isi seufzte und begann, den Tisch zu decken, um sich nicht nutzlos zu fühlen. Eigentlich hatte sie keine Lust auf Pizza, denn die bestellte sie sich sowieso dauernd. Normalerweise speku­lierte sie auf Benny, der wenigstens einmal die Woche etwas Gesundes für sie kochte. Doch wie immer war sie klamm bei Kasse und Benny zahlte für sie. Wenn sie weiter von seinen Almosen leben wollte, durfte sie sich wohl nicht beschweren.

Isi kramte in einer Schulbade nach Servietten.

»Lass nur, ich mach das«, unterbrach Caro sie und schon stand Isi wieder nutzlos im Weg herum. Maxi bestand darauf, ihre Pizzen mit dem Pizzaschneider in Stücke aufzuteilen, was das Essen verzögerte.

Während sie aßen, interviewte im Hintergrund irgendein Reporter die Sprecher der Opposition. »Auch beinahe zwei­hundert Jahre nach dem Putsch der Unsterblichen unterstützen wir deren Regierung nicht«, verkündete Linda mit entschlossener Stimme. »Wir können diese Herrschaft der wenigen über die Mehrheit nicht tolerieren und fordern freie, demo­kratische Wahlen, die insbesondere auch mensch­lichen Ver­tretern einen Weg in die Regierung ermöglichen.«

Isi seufzte und ließ das angebissene Stück Pizza Vegetale auf ihren Teller fallen. Vor ein paar Jahren hatte sie Linda an der Uni kennengelernt. Sie hatten zusammen Sprüche auf Plakate gemalt, waren auf Demos gegangen. ›Hygieia oder Äskulap? Lieber Pest und Cholera!‹, hatte auf ihrem ersten Schild gestanden.

Damals hatten sich die beiden Unsterblichen gestritten, wer von ihnen beim Thema Gesundheit zuständig war. Isi war aus Prinzip immer dagegen, dass Unsterbliche das Sagen hatten. Eigentlich waren Linda und sie gute Freundinnen gewesen.

Der Linda im Fernsehen stand die Kampfeslust ins Gesicht geschrieben. Sie war umringt von anderen Aktivisten, die sich vor dem Pantheon versammelt hatten und laute, aber unver­ständliche Parolen skandierten.

Im Hintergrund schillerte die Protectione Divina, der magische Schutzschild des Pantheons. Überall leuchteten die orangenen Jacken und Pullover der Op­positionellen mit ihrem markanten schwarzen Logo: Eine Sanduhr, deren abgelaufener Sand einen Totenschädel und der im oberen Teil eine empor­gereckte Faust bildete. In einem Kreis darum herum stand das Motto der Aktivisten: ›Quod in aeternum facis, in vita nostra resonat.‹

Was ihr in der Ewigkeit tut, hallt in unseren Leben wider.

Das Einzige, was in Isis Leben bei diesem Anblick wider­hallte, war der Schmerz vergangener Chancen. Sie hätte an Lindas Stelle Interviews geben oder zu­mindest neben ihr stehen können. Sie hätte etwas bewegen können. Aber dann hatte der Schatten dazwischengefunkt.

Der Kameramensch machte einen Schwenk auf die Pantheons­wachen in ihren roten Uniformen, die mit stoischer Miene das Gebäude vor den Demonstranten schützten. Sie hatten die traditionellen Speere gegen praktischere Schutzschilde und Gummigeschosse getauscht.

»Ich hoffe, eines Tages reißen sie die verdammten Götter­statuen nieder und brennen das Pantheon ab«, murmelte Isi.

»Mir wäre es lieber, sie würden den echten Unsterblichen ein paar Haare ausreißen und in kleine, beschriftete Plastik­tütchen packen«, kommentierte Caro. »Damit wäre mehr Menschen geholfen.«

Isi musste zugeben, dass sie womöglich recht hatte.


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